Wie erkenne ich eine Depression?

Eine Depression klopft nicht an, um sich anzukündigen und hereinzubitten. Manchmal schleicht sie sich durch die Hintertür ein, macht sich leise und unbemerkt Platz– bis sie eines Tages unübersehbar alles einnimmt. Andere Male bleibt sie beharrlich im Hintergrund, fast unbemerkt, aber stetig da.

Bei anderen oder sich selbst eine Depression zu erkennen, ist manchmal gar nicht leicht. Denn bei jedem Menschen zeigt sie sich individuell, auch abhängig von Charakter und Lebensumständen des Betroffenen.

Eines vereint die unterschiedlichen Formen der Depression jedoch: Sie bringen unheimliches Leid. In vielen Fällen leiden Betroffene lange Zeit, weil sie nicht wissen, was mit ihnen los ist; weil sie es nicht wahrhaben wollen, sich schämen, lange hoffen es handle sich um eine Phase, aus der sie selbst herauskommen oder weil sie nicht wissen, was und wer ihnen hilft– und weil sie sich unglaublich hoffnungslos fühlen. Sie glauben ihnen könne sowieso nichts und niemand helfen (was – und das ist das Fiese- ein Symptom der Depression selbst ist).

Doch die gute Nachricht ist: Egal ob Stimmungstief oder Depression– es gibt Hilfe! Und je früher diese in Anspruch genommen wird, desto besser. Deshalb habe ich hier einen Überblick zu wichtigen Fragen zusammengestellt:

Wie erkenne ich bei mir eine Depression oder depressive Verstimmung? Wie kann ich sie bei anderen erkennen? Wie unterscheiden sich Depression und depressive Verstimmung? Wer kann mir helfen?

Was sind mögliche Zeichen einer Depression oder depressiven Verstimmung?

(Bitte beachte, dass diese Anzeichen auch bei einer Depression nicht alle auftreten müssen)

Oft beginnt eine Depression mit Schlafstörungen. Die betroffene Person kann schlecht ein- oder durchschlafen. Oder sie wacht viel zu früh am Morgen auf und kann dann nicht mehr einschlafen, weil ihr zu viele (unlösbare) Gedanken im Kopf herumgehen.

Verminderter Appetit und Gewichtsabnahme (es gibt jedoch auch eine Form der Depression, die in den Herbst- und Wintermonaten auftritt, bei der genau das Gegenteil passiert: Heißhunger und Gewichtszunahme).

Stimmungstief am Morgen. Vielen Betroffenen fällt es schwer, morgens das Bett zu verlassen. Sie fühlen sich nach dem Aufwachen nicht erholt und besonders niedergeschlagen.

Gedrückte Stimmung: Ein zentrales Merkmal der Depression sind anhaltende Niedergeschlagenheit, Leere und Traurigkeit.

Interessensverlust: Betroffene haben weniger bis kein Interesse mehr an Dingen, die ihnen einst Freude bereitet haben.

Mangelnde Energie & ständige Erschöpfung: Betroffene fühlen sich ausgelaugt, kraftlos, müde und überfordert. Alles fällt ihnen auf einmal wahnsinnig schwer. Ist die Depression ausgeprägt, wird schon das morgendliche Zähneputzen als Herausforderung erlebt.

Gedankenkreisen: Betroffene Grübeln viel und verfallen immer wieder in dieselben Gedankenschleifen, aus denen sie nicht oder schwer herauskommen. Die Gedanken drehen sich dabei oft um das Thema Schuld.

Selbstzweifel & Gefühle der Wertlosigkeit: Typisch sind Gedanken, wie „ich habe schon immer nichts zustande gebracht“, „Ich bin nur eine Belastung für andere“ oder „ich bin nichts wert“.

Innere Anspannung: Manche Betroffene sind angespannt, dauergereizt und besonders Reiz- und Lärm empfindlich.

Unruhe & Ängste: Betroffene fühlen sich, als stünden sie permanent unter Strom, „wie vor einer Prüfung“. Oft gehen Ängste mit der Depression einher.

Konzentrationsprobleme, verminderte Aufmerksamkeit und Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen: Betroffenen fällt es etwa schwer, sich auf ein Gespräch zu konzentrieren, ein Buch zu lesen oder vorauszuplanen.

Körperliche Beschwerden: Häufig sind Rückenschmerzen, Verdauungsprobleme, Kopfschmerzen und Druckgefühle in Hals und Brust. Auftreten können auch Hautprobleme und andere körperliche Beschwerden.

Fehlende sexuelle Lust. Betroffene empfinden weniger bis keine sexuelle Lust mehr.

Gefühlslosigkeit: Schwer depressive Menschen berichten, keine Gefühle mehr zu empfinden– weder Trauer noch Freude. Sie fühlen sich wie in Watte gepackt, oder als sähen sie ihr Leben durch eine Glaswand. Kaum etwas dringt mehr zu ihnen durch.

Hoffnungslosigkeit: Depressive Menschen sehen ihre Situation als aussichtslos. Sie glauben, dass ihnen nichts und niemand helfen kann. Das besonders fiese: Dieses Merkmal der Depression, steht Betroffenen im Weg, sich Hilfe zu suchen. Deshalb ist es wichtig zu wissen und Betroffenen zu vermitteln, dass Hoffnungslosigkeit selbst ein Symptom der Erkrankung ist– jeder Mensch mit Depression fühlt das in unterschiedlichem Ausmaß.

Suizidgedanken: Das innere Leiden gepaart mit Hoffnungslosigkeit führt bei vielen Betroffenen schwerer Depression zu Suizidgedanken und manchmal -handlungen. In diesen Fällen sollte unbedingt sofort professionelle Hilfe aufgesucht werden.

Wie kann ich bei anderen eine Depression erkennen?

Viele, aber nicht alle, Betroffene wirken in sich gekehrt, energielos und gehemmt. Manchmal ist das schon an ihrem Körperausdruck zu erkennen: Sie haben einen leeren Blick, lassen ihre Schultern hängen, reagieren in ihrer Mimik und Gestik weniger auf ihr Gegenüber und bewegen sich langsamer. Sie wirken in sich gekehrt, reden vielleicht langsamer und leiser als früher.

Betroffene ziehen sich von Freunden und Familie zurück. Einige machen sich Sorgen, anderen zu Last zu fallen oder sie durch ihr Befinden herunterzuziehen. Deshalb, und weil ihnen die nötige Energie fehlt, schieben sie Ausreden vor, um (zu viel) Gesellschaft zu vermeiden. 

Andere Betroffene wirken wie unter Strom: Sie rennen unruhig hin- und her, auf der verzweifelten Suche nach Hilfe.

Bei wieder anderen ist die Depression nach außen gar nicht zu erkennen. Manche Betroffene wirken erfolgreich und gut aufgelegt. Sie gehen weiterhin ihren beruflichen und sozialen Verpflichtungen nach, während sie innerlich die für die Depression typische Leere und Niedergeschlagenheit empfinden. In diesen Fällen ahnt das Umfeld – und manchmal auch die betroffene Person selbst– lange Zeit nichts von der Depression. Lese hier mehr über die sogenannte hochfunktionale Depression.  

Was ist eine hochfunktionale Depression?

Betroffene der hochfunktionalen Depression scheinen nach außen oft ein glückliches und erfolgreiches Leben zu führen, während sie sich innerlich einsam, niedergeschlagen, angespannt und leer fühlen. Hier erfährst du warum diese Form der Depression oft nicht erkannt wird und was helfen kann.

Wie unterscheiden depressive Verstimmung und Depression ? Wo finde ich Hilfe?

Sind ausreichend zentrale Symptome vorhanden, die über mindestens zwei Wochen anhalten, kann dies ein Hinweis auf eine Depression sein. Diese kann leicht bis schwer ausgeprägt sein und Wochen bis Jahre andauern.

Wenn du glaubst, dass du oder eine andere Person an einer ernsthaften Depression erkrankt ist, solltest du bzw. die betroffene Person eine niedergelassene Psychotherapeut*in, Psycholog*in oder Ärzt*in aufsuchen. Sie wird mit dir ein ausführliches Gespräch führen, eine Diagnose stellen und Behandlungsmöglichkeiten vorschlagen. Du musst hiervor keine Angst haben. Diese Menschen haben täglich mit Fällen wie deinem zu tun und sie stehen unter Schweigepflicht. Du kannst nichts Falsches sagen und mit dir wird nichts gemacht, was du nicht möchtest.

Hast du Angst, dass du dir oder eine andere Person sich etwas antun könnte? Dann wende dich bitte umgehend unter 0800 1110111 oder 0800 1110222 an die Telefon Seelsorge, die rund um die Uhr erreichbar ist. In akuten Krisen kannst du auch den Notruf wählen oder in die Notaufnahme des nächsten Krankenhauses gehen.

Treten nur einige dieser Symptome in leichterer Form auf, kann es sein, dass du eine depressive Verstimmung hast, oder dich in einem Stimmungstief befindest.

Eine psychologische Onlineberatung kann dir dabei helfen, aus deinem Stimmungstief oder deiner depressiven Verstimmung herauszufinden. Eine gut ausgebildete Psycholog*in hilft dir dabei, dich selbst besser kennenzulernen, deine Situation zu verstehen und Lösungen zu finden. Sie wird dir Techniken und Methoden beibringen, die dich aus dem Stimmungstief holen und weitere vorbeugen. So kann unter Umständen verhindert werden, dass eine Stimmungstief sich zu einer Depression entwickelt.

Das kannst du bei depressiver Verstimmung tun

Take Home Message:

Eine Depression äußert sich von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Typisch sind innere Leere, Verlust an Freude, Energielosigkeit und anhaltende Niedergeschlagenheit. Menschen in einer Depression wirken bedrückt, gehemmt und energielos. Das kann in Körpersprache, Mimik und Gestik zu erkennen sein. Oft -aber nicht immer- ziehen sie sich zurück.

Depression zu haben, bedeutet zu leiden. Leid, dass gemindert oder vermieden werden kann. Denn Depressionen und depressive Verstimmung sind gut behandelbar. Bei Anzeichen einer Depression, suchst du am besten eine Psycholog*in, Therapeut*in oder Ärzt*in auf. Je früher, desto besser.

Eine psychologische Onlineberatung kann dir dabei helfen, dich und dein Stimmungstief besser zu verstehen und aus diesem wieder herauszufinden. Unter Umständen kann durch eine Beratung verhindert werden, dass sich ein Stimmungstief zu einer Depression ausweitet.

Hier liest du von einer Betroffenen wie sich ihre Depression angefühlt hat, wie sie begann und was ihr geholfen hat.

Erfolgreich und depressiv. Hier erfährst du mehr über eine untypische Form der Depression (die sogenannte hochfunktionale Depression), die oft übersehen wird.

Hier habe ich dir Tipps zusammengestellt, wie du damit umgehen kannst, wenn eine nahestehende Person an Depression erkrankt ist.